Leseprobe Sch d Boesen - ELW-Verlag

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Leseprobe: Schoß des Bösen

Der Rhein fällt trocken
Achterbahnfahrt mit einem Passagierschiff
Ein Frachtschiff auf der Schiersteiner Brücke
Die Fahrt auf der Wasserhose

Der Range-Rover  schlittert sichtlich ramponiert in Richtung Rheinpromenade. Menschen  laufen schreiend auseinander. Mütter sehen sich gehetzt und angstvoll  nach ihren Kindern um.
Quergestellt schiebt krachend der schwere  Geländewagen, nachdem er schwungvoll die rote Ampel passiert, dabei  einen Mopedfahrer leicht touchiert, auf das Rheinufer zu. Der  Mopedfahrer versucht, nachdem er eine Pirouette mit seinem Gefährt  gedreht hat, wieder auf die Beine zu kommen. Mehrere untaugliche  Versuche, aus der kriechenden Stellung in die Senkrechte, nämlich auf  seine zwei Füße zu gelangen, schlagen fehl. Er schimpft, sich in der  Haltung eines Terriers befindend, hinter dem Fahrzeug her. Schließlich  will er drohend die Faust erheben und verliert dabei seinen letzten  Halt. Jetzt liegt er auf dem Boden wie ein Fisch, der nach Luft  schnappt. Dann aber erhellt sich sein Gesicht, als er beobachtet, dass  der Wagen das Eisengeländer, mit dem das Ufer gesichert ist, durchbricht  und langsam über die Kante der Uferbegrenzung rutscht. Er rappelt sich  auf. Mit dem linken Handrücken schlägt er sich auf den rechten Arm,  wobei sich die rechte Hand öffnet und der Mittelfinger sich deutlich  nach oben reckt. Dann klatscht das Fahrzeug auch schon auf das Wasser.  Einen Augenblick sieht es so aus, als wenn es sich um ein  Schwimmfahrzeug handeln würde. Es hält sich einige Zeit auf dem Wasser,  der Motor dreht auf vollen Touren, sodass die Räder das Wasser nur so  aus den Radkästen spritzen lassen. Danach versinkt der Wagen jedoch umso  schneller in den Fluten des Stromes.
Das Geschehen auf der  Uferpromenade wird mit breitem Grinsen in den Gesichtern von Matthias,  Thor und Walter beobachtet. Auch das unsichtbare Lächeln von Gela und  Metel ist spürbar. Thor teilt mit, dass auch Farla entsprechend  reagiert.
Sofort bildet sich eine Menschentraube an der  Unglücksstelle. Einige schimpfen über die idiotische Fahrweise. Das Dach  des Range Rovers ist gerade am Verschwinden, da ertönen Sirenen und mit  quietschenden Reifen kommen die verfolgenden Polizeiwagen zum Halt. Die  herausstürzenden Beamten riegeln den Ort des Geschehens sofort ab. Da  das aber natürlich alles außerordentlich spannend ist, tauchen immer  mehr Leute auf, die das Ereignis beobachten wollen.
Die beschauliche  Stadt erlebt Action, wie sie in einem Agentenfilm nicht besser  dargestellt werden könnte. Es öffnen sich Fenster in den am Rheinufer  stehenden Häusern. Dort wo Balkone vorhanden sind, ist plötzlich alles  belegt. Woher kommen nur die ganzen Menschen?, fragt sich Matthias und  das an einem ganz normalen Arbeitstag? Seine Augen streifen erstaunt die  Häuserfront.
An der Stelle, an der das Fahrzeug in den Fluten  versunken ist, teilt sich das Wasser. Ein Frauenkopf taucht mit offenem  Mund auf, der gierig nach Luft schnappt. Es dauert nur einen kurzen  Moment und auch die Köpfe der anderen Insassen gesellen sich zu dem  Frauenkopf.
Die starke Strömung lässt die Aufgetauchten abtreiben.  Der Kapitän des Ausflugsschiffes hat, wie alle anderen auch, den Vorfall  beobachtet und hält sein Schiff so in der Strömung, dass die zwei  Frauen und der Mann auf sie zutreiben. Zwei Männer vom Schiffpersonal  stehen an der Reling mit Rettungsringen und Leinen, um die Verunglückten  aufzunehmen.
Die Aktivitäten des Schiffspersonals werden von Matthias und seinen Freunden mit nicht so großer Freude aufgenommen.
Da  schiebt sich unerwartet eine mittelgroße Motoryacht zwischen das  Passagierschiff und den drei im Wasser treibendenden Personen. Ein paar  Sekunden später ist die Crew der Motoryacht schon dabei, Leinen und  Rettungsringe über Bord zu werfen. Bekas, Ixber und Akir werden in den  Körpern ihrer Wirte an Bord geholt.
Matthias äußert: „Das war kein Zufall, die haben sicherlich die Crew der Yacht gezwungen.“ Alle stimmen dem zu.
„Dann  wollen wir mit dem Tanz beginnen“, tönt es von der Yacht. Der Sprecher  bedient sich eines Handmegafons, sodass die Menschen auf dem Schiff und  die vielen Zuschauer auf der Rheinpromenade es hören können. „Wir  wissen, dass ihr auf dem Schiff seid. Zeigt mal, was ihr könnt. Ihr  wollt natürlich die in den Anfängen ihrer Entwicklung stehenden dummen  Tiere dieses idiotischen Planeten schützen. Wir brauchen das nicht. Wir  sind nämlich ohne Skrupel.“ Ein lautes Lachen folgt.
Bekas, der violette Kristall im Körper von  Dr. Lydia Fewert, will mit ihren Worten provozieren. Die Roten sollen  sich eine Blöße geben. Im Endeffekt glaubt sie jedoch selbst nicht an  die Wirkung ihrer Worte. Aber sie muss es wieder und immer wieder  versuchen. Es ist sozusagen wie eine Bestimmung, die sie und ihre  Rheniden zwingt, die verbalen und tatsächlichen Angriffe auf die Roten  durchzuführen.
Kaum sind die Worte verklungen, da baut sich eine  Wassermauer vor dem Passagierschiff auf. Die meisten Fahrgäste laufen  angstvoll in Richtung Heck des Schiffes, als ob sie dort in Sicherheit  wären. Andere stehen wie angewurzelt an Deck und starren auf die sich  mächtig aufbauende Welle. Während die Wassermauer immer weiter anwächst,  mittlerweile die Schiffshöhe mehrfach übertrifft, fällt der Rhein vom  Ufer, bis zur anderen Seite des Stromes trocken.
Es ist ein irres  Szenario. Das Passagierschiff befindet sich von der Anlegestelle  gesehen, stromabwärts treibend, mittlerweile vor dem Biebricher Schloss,  welches mit seiner roten Fassade den großen Fluss und alles was sich  auf ihm befindet grüßt. Das Schiff treibt, verfolgt von der Welle, mit  dem Heck voran in Richtung Schiersteiner Brücke. Der Bug zeigt zur  Anlegestelle. Dort ist auch die Geburtsstätte der riesigen Welle, die  sich über die gesamte Rheinbreite erstreckt. Hinter der Wasserwand ist  nun zu sehen, was sich so alles auf dem sonst nicht sichtbaren Grund  befindet. Einige Fische kämpfen in übriggebliebenen Pfützen ums  Überleben.
Die Pontons mehrer  Schiffsanleger fallen mit dumpfem Klatschen auf den Boden des  Strombettes. Der Morast spritzt über das Rheinufer auf die neugierig  nach vorne geeilten Polizisten. Von hinten hört man trotz der bedrohlich  wirkenden Situation, einige herzhafte Lacher. Die besudelten  Ordnungshüter sehen auch wirklich zu drollig aus, wie sie sich  schütteln, um den Dreck wieder loszuwerden.
Die am Ufer stehenden  Menschen sehen die Wasserwand Richtung Passagierschiff strömen. Hinter  ihr her wandert das trockene Flussbett.
Die gelbe Motoryacht, von den  Violetten gekapert, befindet sich vor dem Bug des Passagierschiffes.  Unbeeindruckt von der Wasserwand vor ihr fährt es weiter stromaufwärts.  Gleich müssen die Wassermassen über dem kleinen Schiff zusammenbrechen.  Die Wasserwand teilt sich und ein Streifen Wasser verbindet sich über  den trockengefallenen Teil des Flussbettes mit den nachrückenden  Wassermassen des Flusses. Vor den Augen der Zuschauer, so etwas bekommen  sie nur in Fantasyfilmen geboten, bewegt sich das Boot, als befände es  sich auf einem schmalen Berggrat. Wie hinter einer Glaswand laufen nun  die Wassermassen des Flusses an den Landungsstellen vorbei. Die  Motoryacht ist gut zu sehen. Sie fährt am Rand der scharf gezeichneten  Wassergrenze. Die Hälfte des Schiffes bis etwa zum Kiel befindet sich  sogar einen Augenblick außerhalb der Wassergrenze. Sieht wirklich  eigenartig aus, wie sich eine der beiden Schiffsschrauben ca. drei Meter  über dem Boden in der Luft dreht, während die andere das Wasser  aufwühlt und der Schwell über den scharf gezeichneten Rand der  Wasserwand schwappt.
Die Welle hat  das Passagierschiff erreicht. Gela, Metel und Thor schreiten ein. Den  Schwung der Welle ausnützend versuchen sie, das Wasser an dem Schiff  vorbeilaufen zu lassen. Allerdings können sie nicht ganz vermeiden, dass  sich ein heftiger Schwall über den Ausflugsdampfer ergießt. Panik  bricht aus. Einige der Passagiere springen über Bord. Andere laufen wie  die aufgeschreckten Hühner hin und her. Überall wird gebrüllt und  geschrien. Leider können sie sich nicht um die verstörten Menschen  kümmern.
Plötzlich formt sich die Welle zu einem überdimensionalen  Hammer, der in einem großen Bogen Schwung holt, um dann krachend  seitwärts gegen den Bug der Yacht schlägt. Die wird durch die Wucht des  Schlages von der Wasserkante gefegt und in die Nähe der Anlegestelle  geschleudert. Aus den Überresten kriechen verstörte Gestalten, die in  Richtung Ufer laufen. Unter ihnen müssen sich auch die  Besatzungsmitglieder befinden, denn es sind mindestens 5 Personen, die  sich durch das untergründige Kiesbett des Stromes kämpfen.
„Wer hatte denn die Idee mit dem Hammer? Saustark sah das aus“, meint Matthias.
„Eigentlich wollte ich einen Golfschläger nehmen“, kichert Metel.
„Hast du etwa gekichert?, du rotes Staubkörnchen.“ Fragt Matthias mit einem Tonfall, der sogleich die Bestätigung enthält.
„Heiijahh“, murmelt Thor gedehnt, „wo bin ich denn gelandet?“
„Glaub  nur nicht, dass ich das nicht gehört habe“, lächelt Walter Thor an. Der  fühlt sich richtig wohl. Das Gefühl wird von seinem roten Begleiter  Farla aufgenommen und erfährt eine positive Resonanz.
Nur Matthias  kann die folgenden Sätze von Metel hören: „Weißt du mein Freund, dass  ich immer mehr von deinen Verhaltensstrukturen übernehme? Ich kann mich  gar nicht dagegen wehren. Im Gegenteil, es macht mir sogar Spaß, wie du  eben gesehen hast. Solche sinnentfernten Handlungen, wie das mit dem  Hammer, sind meiner Spezies zwar nicht ganz fremd, werden aber nicht so  häufig eingesetzt. Jetzt wende ich solche Dinge an. Wo wird das nur  enden?“, fügt er mit scherzhaftem Ton an.

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