Leseprobe Wirklich unwirklich Printmedium - ELW-Verlag

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Leseprobe: Wirklich unwirklich?
Arbeit und Sein

Gehetzt der Mensch durch die Straßen rennt,
warum hat er heute Morgen nur verpennt?
Vor Anstrengung sausen ihm die Ohren,
er hat viel, viel Zeit verloren.

Die Arbeitslast ist groß und schwer,
seine Gedanken rasen sehr,
der Chef steht bestimmt schon auf dem Flur,
tippt mit seinen dicken Fingern auf die Uhr.

Schweißperlen die Stirne nässen,
warum hat er den Wecker nur vergessen?
Die Angst ihm den Atem nimmt.
Der Chef ihm kündigen wird, bestimmt!

Zur U-Bahn Station er hinunterspringt,
die Wirklichkeit in seine Augen dringt,
seine Augen wandern durch den Lampenschein,
er ist auf dem Bahnsteig ganz allein.

Was ist los, was ist geschehen?
Hat er etwas übersehen?
Siedendheiß fällt ihm plötzlich ein,
er war gestern nicht allein.

Mit seinen Freunden hat er sich getroffen,
sie haben fürchterlich gesoffen,
ohne Schonung durchgemacht,
die ganze liebe lange Nacht,

Es war Samstag gestern ohne Frag',
dann ist heute Sonntag den ganzen Tag,
sein Gesicht strahlt, Gott sein Dank,
dann ..., um Gottes willen, wo ist eine Bank?

Er fasst sich an sein Herz,
es breitet sich aus, ein starker Schmerz,
er atmet schwer, aber doch ein wenig leicht,
er weiß, dass seine Zeit nun reicht.

Mit letzter Kraft er auf die Bank sich setzt,
er weiß, dass die Arbeit ihn noch ganz zerfetzt,
er nimmt sich vor, sich mehr zu pflegen,
weil so kurz ist, das kleine Leben.

Die Gedanken sich in ihm drehen,
es läuft ab sein inneres Zeitgeschehen,
die Erkenntnis, plötzlich, deutlich klar,
letzte Woche, sie waren in der Bar.

Heut' ist doch ein Arbeitstag,
die Erkenntnis er aber gar nicht mag,
er springt auf, der Zug fährt ein,
er blickt sich um, ist immer noch allein?

Es fehlt das Getümmel,
das Menschengewimmel,
leer ist der lange Zug,
es ist wirklich Platz genug.

Auf geht nur eine Tür,
ein dunkler Mann steht in ihr,
eine knöcherne Hand, sie winkt ihm zu,
die Stimme hallt: "Gleich hast du Ruh."

Leicht ist ihm, sein Leben ist erfüllt,
die Todesstimme ihn umhüllt:
"Mein Freund, es ist für dich genug,
steig ein, es ist dein letzter Zug."

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