Leseprobe Ein Mord(s) Amt - ELW-Verlag

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Leseprobe: Ein Mord(s) Amt

... Sie nähert  sich ihrem Dorf. Da kommt auch schon das, vor dem Wohnort befindliche  kurze steile Straßengefälle. Sie nimmt den Fuß vom Gaspedal und die Hand  zwischen den Beinen wieder heraus und lässt sie an das Lenkrad gehen. Sie will nicht so schnell diesen steilen Stich herunterfahren, da am  Ende des Gefälles eine enge Kurve folgt. Die in der Dunkelheit kaum  wahrzunehmende Kuppe, nach der die Straße steil abfällt, gleitet unter  ihr weg. Das Fahrzeug neigt sich nach vorn. Urplötzlich, nur einige  Meter vor ihr taucht ein Hindernis auf.

„Was … ist das? Eine Straßensperre ohne Vorwarnung? Verdammte Scheiße, was ist hier los?“

Ihre  Kommentare gehen unter in dem erneuten Quietschen der Räder, als sie mit kräftigem Tritt die Bremsen misshandelt. Sie bleibt unmittelbar vor  der Absperrung stehen und schaut sich im Scheinwerferlicht die  rot-weißen Warnteile an. Salka Vaalen schimpft: „Die sind doch alle  nicht mehr normal. Wenn hier einer über die Kuppe gebrettert kommt, dann  rauscht der mit Sicherheit in die Absperrung. Morgen werde ich mich  sofort an die zuständigen Stellen wenden, damit diese Absperrung besser  gesichert wird.“ Ihr kommt überhaupt nicht in den Sinn, dass hier etwas  vielleicht nicht stimmen könnte.

Der zweifelsohne berechtigte Ärger legt ein dickes Tuch über das  Warnlicht, das ganz hinten in ihren Sinnen beginnt zu blinken. Die  Umleitung führt über den asphaltierten Feldweg, der rechts von ihr  abbiegt. Den Weg kennt sie. Wurde schon des öfters für Umleitungen,  beispielsweise bei Kanalarbeiten im Ortsbereich, benutzt. Komisch … ist  ihr überhaupt nicht bewusst, dass Arbeiten im Ort ausgeführt werden, die  eine Umleitung rechtfertigen würden. Sie sagt sich, dass ihr unter  Umständen so etwas ja auch mal entgehen kann. Wenn neben dem Schild  Platz gewesen wäre, dann hätte sie jetzt nicht lange gefackelt und wäre  einfach weitergefahren. Aber die Landstraße ist bis auf den letzten  Millimeter in voller Breite abgesperrt. Eigentlich nicht üblich.  Meistens ist immer so viel Platz vorhanden, dass man vorbeifahren kann.  Sieht aber diesmal so aus, als wenn ein Vorbeifahren in jedem Falle  unterbunden werden soll. Ohne über die merkwürdige Absperrung  nachzudenken, biegt sie in den Feldweg ein und fährt den ihr bekannten  Weg in Richtung Waldrand weiter. Ganz weit im Hinterkopf ist das  Warnlicht bemüht den Weg in das Bewusstsein zu finden, schafft es aber  nicht den wahrnehmbaren Bereich so zu beeinflussen, dass er erkennbar  wird. Sie weiß, dass es gleich scharf links weiter geht, dann weiter  geradeaus immer am Waldrand entlang, dann noch einmal scharf links und  sie gelangt oberhalb ihres Wohnortes wieder auf die Landstraße, die nach  rechts in einen Feldweg übergeht und nach links in den Ort zurückführt.

Instinktiv  tritt sie mit voller Kraft auf die Bremse ihres Fahrzeuges. „Verdammt, verdammt noch einmal, stehe ich heute nur noch auf der Bremse?“

Die  Warnung, die tief in ihren Sinnen verzweifelt versucht nach oben  durchzustoßen, hat es fast geschafft. Da sie nicht sehr schnell ist,  kommt sie vor dem quer gestellten schwarzen kleinen Wagen zum  Stillstand. Ihr Herz rast. Der Schreck steht ihr ins Gesicht  geschrieben. Die Warnung hat den Bereich ihres Gehirns erreicht, der sie  wahrnimmt, übersetzt und den laufenden Denkprozessen zuführt. Ihre  Gedanken rasen, sie hat jede Menge Leute verärgert. Eine Absperrung  direkt hinter einer Kuppe, das gibt es einfach nicht, alle  Sicherheitsregeln missachtet, sie hätte einfach nicht abbiegen dürfen.  Nun steckt sie mittendrin in ihrem Fehler. Da wird auch schon die  Beifahrertür aufgerissen. Sie öffnet den Mund, um zu schreien, jedoch es  kommt kein Ton aus ihrem Hals gekrochen. Im Widerschein der  Scheinwerfer und der schwachen Lichter des Armaturenbrettes kann sie  schemenhaft ein Gesicht, welches unter einer großen Kapuze fast gänzlich  verborgen ist, erahnen. Die Gedanken überschlagen sich. Haben ihr die  Augen vielleicht einen Streich gespielt? Das ist doch … Wie kommt diese  Person zu dieser Zeit an ihren Wohnort. Sie weiß in der gleichen  Sekunde, dass sie in Todesgefahr schwebt. Das spiegelt sich auch auf  ihrem Gesicht wieder. Aber mit dieser Person wird sie schon fertig  werden. Von der lässt sie sich doch nicht unterkriegen. Der  Gesichtsausdruck ändert sich von wissender Todesgefahr in eine  Angriffsmimik. Jedoch sind einige Sekunden wertvoller Zeit vergangen.  Als sie glaubt zu wissen, wer sie angreift, geht ihre rechte Hand zum  Schalthebel, um wieder den Gang einzulegen, den sie gerade  herausgenommen hatte.

Den Bruchteil einer  Sekunde zu spät. Mit brutaler Gewalt wird ihr ein Eisenrohr auf das  Handgelenk geschmettert. Es kracht. Die Blockade im Hals löst sich, sie schreit laut auf und zieht die Hand zurück, die fast im rechten Winkel  an ihrem Arm hängt. Das entsetzte Gesicht ist durch die weit  aufgerissenen Augen dominiert. Der Schmerz, der von ihrer am Gelenk  gebrochenen Hand in ihr Gehirn kriecht und dort fast einen Kurzschluss  verursacht, überlagert ihre Reaktionen ...

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